Presseaussendung vom 12. Februar 2010

Offener Brief: Chef des Generalstabes an Dr. Eduard Paulus =

Sehr geehrte Herr Hofrat!

Als Chef des Generalstabes erscheint es mir wichtig, auf diesem Wege einiges an Ihren Aussagen zum Zustand des Bundesheeres richtig zu stellen.

Das Österreichische Bundesheer erfüllt national wie auch international seine Aufgaben in hervorragender Weise. Derzeit befinden sich etwa 1000 Soldaten in internationalen Einsätzen vom Kongo bis in den Kosovo. Darüber hinaus tragen 800 Soldaten zur Sicherheit der Bevölkerung in der burgenländisch-niederösterreichischen Grenzregion bei. Weiters beteiligt sich das Bundesheer an internationalen Übungen, wie in den kommenden Tagen in Norwegen und bildet im Moment mehr als 15.000 Wehrpflichtige aus. Durch dieses Engagement wird die Führungs- und Einsatzfähigkeit der Berufs- und der Milizsoldaten erhalten und ständig trainiert.

Das Bundesheer ist für die ihm gestellten Aufgaben einsatzbereit. Es fällt mir leicht, ihnen hierfür eine Anzahl an erfolgreichen Beispielen aufzuzählen. Allein bis Juli letzten Jahres wurden 300.000 Arbeitsstunden beim Hochwassereinsatz in Österreich absolviert. Pro Tag halfen in den betroffen Gemeinden im Durchschnitt mehr als 700 Soldaten, in Spitzenzeiten sogar bis zu 1.200. Und auch jetzt steht das Bundesheer mit vorbereiteten Lawineneinsatzzügen in den Bundesländern bereit, um bei Bedarf rechtzeitig helfen zu können.

Das Bundesheer befindet sich in einer Phase der Erneuerung, wo alleine in den letzten Jahren über 520 Mio. Euro in neues Gerät investiert wurde, um die Sicherheit unserer Soldaten im In- und Ausland bestmöglich zu gewährleisten. Auch die Panzerfahrzeuge entsprechen international dem modernsten Standard. Daher muss klar relativiert werden: Bei schwerem Gerät, wie etwa der Kampfpanzer "Leopard 2 A4" und den Schützenpanzer "Ulan" entspricht die derzeitige Einsatzbereitschaft dem internationalen Maßstab. Und, das Bundesheer liegt in absoluten Zahlen sogar darüber! Gerade weil mit den Panzern wieder viel geübt wird, kommt es phasenweise zu verstärkten Instandsetzungsarbeiten und damit zu Phasen geringerer Belastung. Von einer Momentaufnahme "geringer Belastung", können niemals Rückschlüsse auf die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres gezogen werden, da auch die Instandsetzung mehrere technische Zwischenstufen kennt. Mit Jänner 2010 lag die Einsatzbereitschaft z.B. bei den "Ulan" über dem internationalen Schnitt.

Erneuert werden auch laufend die Kasernen. In den letzten Jahren wurden 311 Mio. Euro nur für militärische Liegenschaften investiert. Das Bild, welches durch Sie in den Medien gezeichnet wird, lasse ich so nicht gelten: Anfang Februar 2010 wurden in der Benedek-Kaserne in Bruckneudorf neue Unterkünfte um 6,4 Millionen Euro eröffnet. Bis 2013 investiert das Bundesheer alleine in die Heerestruppenschule in Bruckneudorf insgesamt etwa 28 Millionen Euro. Im Oktober dieses Jahres wurde zudem der Spatenstich für das 40 Millionen Euro-Projekt "Musterkaserne Güssing" vorgenommen. Und auch dieses Jahr wird die Bauoffensive mit zahlreichen großen Infrastrukturprojekten in der Steiermark, in Oberösterreich oder in Niederösterreich weitergeführt.

Ihre Aussagen zum Milizstand des Bundesheeres beruhen auf Annahmen, die ich so nicht nachvollziehen kann. Bleiben wir also bei den Tatsachen: Im Zuge der Anpassung an die neuen Erfordernisse im nationalen wie internationalen Bereich unterliegt auch die Miliz einem Reformprozess, der noch nicht abgeschlossen ist! Heuer werden drei Milzbataillone an Übungen teilnehmen. Ziel bleiben künftige Volltruppenübungen auch für die Miliz. Die Miliz ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil des Bundesheeres"!

Im Übrigen haben Ihre Aussagen zum Zustand des Bundesheeres zu einer irreführenden Stimmung bzw. zu falschen Interpretationen in den Medien geführt, die für das Bundesheer sehr schädlich sein können. Headlines wie "Krise: Armee-Spitze probt den Aufstand", "Dauerkrise im Heer: Offiziere rebellieren", "Führungsstab sauer" (Alle in: heute, 12.2.2010), oder "Aufruhr im Bundesheer - Offiziere sehen Ende des Bundesheeres" (APA APA0041 5 II 0336 So, 08.Feb 2009) geben nicht die Meinung der Führungsspitze des Bundesheeres wieder. Diese Headlines spiegeln nicht die Realität und entsprechen nicht den Tatsachen.

Das Bundesheer leistet für die österreichische Bevölkerung an 365 Tagen im Jahr in der Luft und am Boden "Schutz und Hilfe". Keine andere Organisation in Österreich kann diese Aufgaben erfüllen. Das kostet natürlich auch Geld, welches gezielt und effizient im Rahmen des Verteidigungsbudgets investiert wird. Es liegt an der Politik darüber zu entscheiden, ob dieser Standard erhalten werden soll oder nicht.

Hochachtungsvoll
Der Chef des Generalstabes
General Mag. Edmund Entacher

Rückfragehinweis:

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport
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