Über die Kraft der Persönlichkeit

 

Als Jugendlicher hatte ich das unbezahlbare Glück meine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Betriebsführer an der landwirtschaftlichen Fachschule Grottenhof absolvieren zu dürfen. Unser Lehrgang bestand aus etwa 3o jungen Männern, im Alter zwischen 15 und 36. Ich war der Jüngste und Unerfahrenste. Wir waren für zwei Jahre Internatsmäßig untergebracht und einem fruchtbaren gruppendynamischen Prozess unterworfen. Es gab nie Schikanen, Unregelmäßigkeiten oder gar menschenentwürdigende Momente. Im Gegenteil. Wir reiften alle zu starken, selbstbewussten Persönlichkeiten heran. Dank eines exzellenten Lehrkörpers, dank eines sehr vernünftigen und anständigen Internatsleiters. Die Formen waren fast militärisch, aber es blieb genügend Freiraum für Lausbübereien, den einen oder anderen Leichtsinn und jungendliches Abenteuer.

 

Die spirituellste Kraft kam aber vom Ahnherrn unserer Bildungsanstalt, Ekkehard Hauer.

Sein Credo war:

 

Die Kraft der Persönlichkeit erweist sich auf Dauer immer stärker als alle wirtschaftlichen Gegebenheiten! Ob man schließlich erfolgreich wirtschaftet oder nicht, hängt darum weniger von Klima, Boden, Marktlage, Preisen usw. ab, als von der Persönlichkeit, die den Bauernhof führt. Glück hat auf Dauer nur der Tüchtige! Meine Herren! Von ihrem Wissen, Wollen und Können, ihrem Charakter und sittlichen Fähigkeiten, von Mut als Vertrauen in die eigene Kraft und Treue gegenüber sich selbst und gegenüber seinen Mitmenschen, hängt der dauernde Erfolg ab. Bleiben Sie sich selber immer treu. Das ist der Inhalt des „Gesetzes der Persönlichkeit!“

 

In diesem Sinne lief auch die Ausbildung. Theorie wechselte mit Praxis. Der Junge lernte vom alten Lehrgangsteilnehmer. Natürlich wurde auch evaluiert, neu organisiert. Aber dann wurde der Betrieb laufen gelassen, über viele Jahre genau beobachtet. Da oder dort wurde nachjustiert, Lehrpläner erweitert, altes Wissen aus dem Curricular herausgenommen, modernes hinzugefügt. Alles sehr unprätentiös, ohne die Sau mit viel Mediengetöse, begleitet von Politik und Jugendverbänden, durchs Dorf zu treiben. Wir wurden zu stolzen Führungspersönlichkeiten geprägt. Zu „treffsicheren und schussfesten“ Verantwortungsträgern geformt. Minderwertigkeitskomplexe waren uns fremd. Noch heute zehre ich davon.

 

Die Erziehung des Grottenhofes würde ich gerne dem Bundesheer als Lehrbeispiel empfehlen. Von diesem Stil mit Augenmaß, der angemessenen Menschenführung zur Menschenentwicklung, könnte auch das Bundesheer, viele zivile Lehrwerkstätten u. a. lernen und profitieren. So hörte ich nie ein Wort über Parteipolitik, nur über Politik Es gab nie parteipolitisch motivierte Vereinnahmungsversuche. Auf Parteipolitik stieß ich erstmals in meinem Leben im Bundesheer. Verstärkt im Herbst 1968, als die ersten Personalvertreterwahlen durchgeführt wurden. Seit damals ist für mich das Heer nicht mehr Spielball der Politik, sondern Spielball der Parteipolitik. Und wenn das Heer nicht aus den Fängen der Parteipolitik gelöst wird, ist und wird jede Heeresreform sinnlos .Schade um den häufig anzutreffenden aufrichtigen Idealismus der Frauen und Männer. Am international fachlich exzellenten Ausbildungszentrum Grottenhof könnte das Bundesheer über Innere Führung viel lernen, am meisten der jeweilige Minister und der Kabinettchef. Vielleicht auch der eine oder andere General und Personalvertreter. Denn, den Grottenhof verlassen nach der Ausbildung, in sich gefestigte Fachleute mit Zivilcourage- Führungspersönlichkeiten im Wortsinne. Männer sowie Frauen, ohne vorher Parteipolitik ertragen zu müssen.

Jänner 2011