Von Märchen und Charakterzügen
"Rapunzel, neu verföhnt" so der Filmtitel, führt seit Wochen die Kinocharts an. Über 3 Mio. Menschen haben den Film bereits gesehen. Vielleicht erinnern Sie sich noch aus Ihrer Kindheit wie die Geschichte begann: Rapunzels Mutter gelingt es in ihrer Schwangerschaft nicht, ihr Verlangen nach Vogerlsalat (Rapunzeln) zu beherrschen. Auch der Vater des Kindes bringt sie nicht davon ab und stiehlt für seine Frau die Rapunzeln im Garten der Nachbarin. Diese, eine Zauberin, ertappt ihn dabei. Sie lässt ihn erst dann ziehen, als er ihr das Kind verspricht. Unstillbare Gier der Frau und falsch verstandene Loyalität des Mannes. Aus diesem Stoff sind leider nicht nur Märchen. Das ist in Unternehmen, in der Politik, beim Militär, in Schulen und natürlich auch in allen Städten, Dörfern und Weilern bittere Realität. Unterscheiden wir aber Gier von Ehrgeiz. Bösartige Menschen kennen hier keinen Unterschied, keine Gnade! Aber alles kann man übertreiben.
„Wer es im Leben zu etwas bringen will, sollte die schlechte Eigenschaften wie z. B. Gier hemmungslos ausleben. Für seine Gier brauche sich bei mir niemand zu schämen“, so spricht der britische Star-Jungunternehmer Marc Lewis. Und viele klatschen ohne nachzudenken, dumm und hemmungslos. Dazu führt er folgendes Beispiel an: In seiner Firma werde immer ein Angestellter des Monats gekürt. Am Ende des Jahres werde unter allen Ausgezeichneten der Jahresbeste ausgewählt. Diesem Mitarbeiter kaufte er dann für viel Geld den Titel eines ‚Sir‘ oder ‚Lord‘. "Können Sie sich vorstellen, wie sich ein 22-Jähriger aufführt, wenn ihn alle mit ‚Sir‘ anreden?", fragt Lewis. So ein Jungspund drehe danach richtig auf – und steigere seine Leistung erneut. Um die Geschichte aber zu verstehen, müssen Sie wissen, dass Lewis ein Genie der emotionellen Intelligenz ist. Was er aufmerksamkeitsstark als Gier bezeichnet, ist aber nichts anderes als guter Ehrgeiz.
Rapunzels Mutter war nicht ehrgeizig, sondern grenzenlos gierig. Gier ist "rücksichtsloses Streben nach Gewinn, Beförderung, Auszeichnung - um jeden Preis". Gier macht zum Unterschied zum Ehrgeiz, rechtlich z. B. aus einem Tötungsdelikt einen Mord. Gier verleitet zu strafbaren unmenschlichen Handlungen. Ehrgeiz bringt auch Ehre und Beförderung. Aber ohne das System der „verbrannten Erde“. Zurzeit wird das Bundesheer nicht reformiert, sondern verfassungswidrig aus dem Inneren heraus zerstört, um ein wenig politisches Kleingeld. Die Gier ist es. Vogerlsalat muss her, ohne Rücksicht auf das Schicksal der eigenen Tochter.
Als nächstes ist der Begriff der Loyalität zu durchleuchten. Unterscheiden wir aufrichtige Loyalität von falsch verstandener Loyalität. Loyalität ist nicht hündische Unterwürfigkeit! Es gibt Chefs und Manager, die wie Rapunzels Vater, aus falsch verstandener Loyalität, Kopf und Kragen anderer, meist Unterstellter, riskieren. Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Korruptionsfälle sind ein Beispiel dafür. Die eine oder andere Heeresgliederung ist ein Beispiel dafür. Oder das ewige herumdoktern am Gesundheitssystem und Schulsystem. Gedankenloses Kopfnicken und „Jawohl-sagen“ führte zu unzähligen Desastern, zur Vernichtung von Volksvermögen von unvorstellbarem Ausmaß. Loyalität darf nie personsbezogen, sondern immer sachbezogen sein. Loyale Menschen besitzen auch den Mut zum Widerspruch, zum „Nein sagen“. Konrad Adenauer brachte es in einer Diskussion mit Hans-Helmuth Kirst einmal auf den Punkt, indem er sagte: „Ein Offizier der Ja sagt wenn er Nein sagen muss, oder ein Offizier der Nein sagt wenn er Ja sagen muss, ist kein Offizier sondern eine jämmerliche Marionette eines Systems“. Diese Adenauer’sche Feststellung gilt übrigens für alle Führungspersonen, ohne Rücksicht auf Branchen und Hierarchien!
Nur der Mensch, der hingebungsvoll der Sache aufrichtig loyal ist, der ist edel. Nicht der Gnade des Chefs wegen, sondern aus seiner sittlichen Verantwortung gegenüber dem Souverän des Staates, dem Steuerzahler!! Und jeder Euro der irgendwo für irgendwen oder für irgendwas verbraten wird, der kommt einzig und alleine vom Steuerzahler. Das krönt ihn, das macht ihn zum Souverän. Jänner 2011 |